Natur-,Feinst- und Künstlerpapiere (Offsetdruck)

Die Nachfrage nach Natur-, Feinst- und Künstlerpapieren nahm in den letzten Jahren auch in Deutschland spürbar zu. Dies ist einerseits auf die massiven Verkaufsförderungsmaßnahmen einiger Papierhersteller (z.B. Arjo Wiggins und Gmund) bzw. Papierhändler (z.B. SchneiderSöhne und Römerturm) zurückzuführen, andererseits trägt der gestalterische Mainstream und die Imageneupositionierung von Naturpapieren, besonders bei der jüngeren Generation, seinen Teil dazu bei. Auch hierzulande folgt man immer mehr dem angelsächsischen Trend, Drucksachen durch den geschickten Einsatz von Design, Material, Farbe und Verarbeitung spürbar aufzuwerten. Hochglanzbroschüren sind in der anspruchsvollen und intelligenten Unternehmenskommunikation out. Dieser Trend wird sich in den nächsten Jahren noch verstärken. Allerdings setzt der Umgang mit den oftmals schwer zu verarbeitenden Papieren einige Erfahrung in der Druckvorstufe und vor allem während der Produktion voraus. Die meisten Designer, Werbeagenturen, Lithographen und Drucker verfügen in der Regel nicht über die nötigen Erfahrungen mit diesen Papieren. Das grafische Gewerbe ist hier oftmals überfordert und scheut deshalb lieber das Risiko, Drucksachen zu optimieren. Besonders Druckereien könnten sich an dieser Stelle profilieren, indem sie sich vom lieb gewonnenen und allzu gewohnten 08-15 4c-Hochglanzprospekt verabschieden. Ein ganz besonderes Beispiel für den erfolgreichen Einsatz von Naturpapieren sind die Arbeiten des Ateliers Beinert in München. Hier werden seit 1994 rund 80 Prozent der Printentwürfe auf Natur-, Feinst- und Künstlerpapieren realisiert. Insbesondere auf schweren Naturpapieren von Arjo Wiggins, Gmund und Strathmore. Das Atelier blickt somit auf eine langjährige Erfahrung im Umgang mit Natur, Feinst- und Künstlerpapieren zurück. Erfahrungen, die weit über den sonst üblichen theoretischen Ansatz hinausgehen. Erfahrungen, die optimale Druckergebnisse mit Natur-, Feinst- und Künstlerpapieren im Offsetdruck ermöglichen. Die wichtigsten Erfolgsfaktoren in der Druckvorstufe und in der Produktion Druckraster Viele Hersteller von Naturpapieren empfehlen einen Feinstraster bis zu 60 l/cm. Dies ist erfahrungsgemäß sehr riskant. Zumindest bei Naturpapieren mit viel Hanf, Baumwolle oder Hadern (z.B. Stroh oder Baumwolle, Naturfilz-Markierung "Die Natürlichen" von Gmund, Arches Expression von Arjo Wiggins). Zu empfehlen ist hier ein Mittelraster bis maximal 54 l/cm. 60 l/cm sind nur zu empfehlen, wenn ein Zulaufen des Bildmotivs absichtlich aus gestalterischen Gründen beabsichtigt ist. Denn ganz besonders bei Naturpapieren gilt: Je feiner der Raster, desto stärker ist die Tonwertzunahme. Und: je mehr Druckfarben für das Bildmotiv benötigt werden, desto mehr läuft das Motiv zu. Mit frequenzmodulierten Rastern (z.B. Agfa Cristalraster) können keine besseren Ergebnisse bei schweren Naturpapieren erzielt werden. Diese Rastermethode eignet sich besser für gestrichene und gussgestrichene Papiere. Punktzuwachs Naturpapiere haben eine spürbar stärkere Tonwertzunahme als gestrichene Papiere. Deshalb ist die Berücksichtigung des Punktzuwachs bei Natur-, Feinst- und Künstlerpapieren entscheidend für das Druckergebnis. Nicht ungewöhnlich sind bei manchen schweren Naturpapieren sogar bis zu 30% Punktzuwachs ( ! ) im 4c-Skalendruck bei einem 60er Raster. Proofs weichen sehr stark vom Auflagendruck ab und machen somit keinen Sinn. Um den Punktzuwachs zu kompensieren, gibt es deshalb nur zwei Möglichkeiten: Erstens. Die 08-15 Methode. Die Ausbelichtung der Daten erfolgt mit automatischer Korrektur der Gradationskurve (insbesondere Mitteltöne) durch die Software des Belichters. Hier grundsätzlich die richtige Papierqualität im Menü der Software wählen. Das Druckergebnis ist bei dieser Methode allerdings nicht vorherzusehen und nur sehr teure Geräte verfügen über diese Menüoption. Zweitens. Die optimale Methode. Der Punktzuwachs wird bereits während der Bildbearbeitung korrigiert. Als Muster dient hierbei ein Andruck des Motivs auf Auflagenpapier. Der Punktzuwachs kann so optimal korrigiert werden. Allerdings sollte man hierbei bedenken, dass eine Offsetdruckmaschine (z.B. eine Heidelberg Speedmaster) einen anderen Anpreßdruck und einen anderen Farbauftrag hat, als eine Andruckmaschine. Dies sollte beim Messen des Druckkontrollstreifens mit dem Densitometer berücksichtigt werden. Druckmaschinen mit spitzem Punkt (wie z.B. Planeta P24 SW) sind besser für das Bedrucken von Naturpapieren geeignet. Farbflächen Große Farbflächen (z.B. farbiger Vorsatz) in 4c-Scalendruck sind nicht zu empfehlen. Auch hier gilt: die gedruckten Farben unterscheiden sich erheblich von den Monitorfarben und den 4c-Farbtabellen. Hinzu kommt, dass aufgrund der Konsistenz von Naturpapieren sich in der Drucksache wiederholende gleichfarbige Flächen, unterschiedliche Farbanmutungen bekommen können. Große Farbflächen aus der 4c-Scala müssen also - wie Bildmotive - angedruckt werden. Im Echtfarbdruck umgeht man dieses Problem weitgehend. Filme Die Daten sollten nur in der höchsten und feinsten Auflösung ausbelichtet werden. An dieser Stelle sei noch darauf hingewiesen, dass viele Belichtungsstudios und Druckereien immer noch die Maßsysteme lpi oder lpc verwechseln. Deshalb immer darauf achten, dass beim Ausbelichten die richtige Rasterweite eingestellt ist. Ebenso sollte darauf geachtet werden, dass nur einwandfreie und frische Chemie bei der Entwicklung verwendet wird. Auf jeden Fall müssen die Opazität bzw. Lichtundurchlässigkeit des Films und insbesondere die Punkte kontrolliert werden. Sind sie hart? Sind sie beschädigt? Sind die Passer exakt? Wurde bei Duplex- Triplex- oder Quadruplexmotiven die Rasterwinkelung gedreht? Naturpapier verzeiht hier weniger Nachlässigkeiten als gestrichenes Papier. Platten Nur qualitativ hochwertige Platten benutzen. Die Filme müssen auf die Platten so kopiert werden, dass keine Lichthöfe entstehen und der Punkt so hart wie möglich bleibt. Auch hier gilt, nur einwandfreie und frische Chemie bei der Entwicklung verwenden. Platten unbedingt auf Staub, Schmutz, Lichthöfe und Schärfe kontrollieren! Laufrichtung Die meisten Natur-, Feinst- und Künstlerpapiere gibt es leider nur im ungünstigen Druckformat 70 cm x 100 cm Schmalbahn. Um hier bereits die Kosten zu minimieren, kann man - insbesondere schwere Naturpapiere - problemlos in falscher Laufrichtung bedrucken. Unterschiede im Vergleich zum Bedrucken in richtiger Laufrichtung sind nicht erkennbar. Allerdings gilt dies nicht für die buchbinderische Verarbeitung. Hier gilt der Grundsatz: der Buchbinder muss feststellen, welche Laufrichtung er zur Verarbeitung benötigt. Denn die falsche Laufrichtung kann sich bei Naturpapieren während der buchbinderischen Verarbeitung katastrophal auswirken. Insbesondere beim Rillen, Falzen, Kaschieren und besonders beim Kleben. Bei größeren Drucksachen, wie z.B. Geschäftsberichten, ist die Fertigung eines 1:1 Dummys unerlässlich. Klima und Lagerung Natur-, Feinst- und Künstlerpapiere sollten schon einige Tage zuvor in der gleichen Umgebung gelagert werden, in der sie verarbeitet werden. Und Vorsicht: bei falscher Lagerung entstehen Randwellen oder Verspannungen. Besonders beim Transport während der kalten und nassen Jahreszeit ist die Gefahr besonders groß, dass die Stapelfeuchte von der Umgebungstemperatur stark abweicht. Deshalb darf das Papier erst dann ausgepackt werden, wenn die Temperatur an das Verarbeitungsklima angepasst wurde. Andrucke Die Druckergebnisse einer Andruckerei können bei Naturpapieren stark vom Auflagendruck abweichen. Der Anpreßdruck einer Offsetdruckmaschine (z.B. einer Heidelberg Speedmaster) ist anders, als der einer Andruckmaschine. Gleiches gilt für den Farbauftrag und die Farbkonsistenz. Die Korrelation Andruck - Auflagendruck muss mit der Andruckerei bereits im Vorfeld diskutiert werden. Beim Andruck muss nicht nur das gleiche Papier verwendet werden, sondern auch die gleiche Farbe. Optimal ist natürlich ein Andruck der problematischen Motive auf jener Offsetdruckmaschine, auf der später auch der Auflagendruck gefahren wird. Passgenauigkeit Ist die Passgenauigkeit der Motive bzw. des Entwurfs sehr wichtig, niemals den gleichen Bogen in zwei unterschiedlichen Durchgängen bedrucken! 4c Druck auf einer Ein- oder Zweifarbenmaschine ist somit sehr problematisch. Naturpapiere arbeiten sehr stark. Insbesondere Papiere, die einen hohen Anteil von Baumwolle oder Hanf enthalten. Wird auf schweren Naturpapieren in falscher Laufrichtung gedruckt, können Passerdifferenzen (Farbwerk 1 zu Farbwerk 4 und aufwärts) entstehen. Druckfarben Bei Naturpapieren nur schnell wegschlagende, oxydativ trocknende Farben verwenden, die es allerding nur im Scalendruck gibt. Bei hohem Farbaufwand Trockenstoff zugeben. Auf keinen Fall Fresh-Farben (Farben, die über Nacht in der Maschine bleiben können) verwenden. Fresh-Farben verursachen einen Löschblatteffekt. Für den Skalendruck sind Nova- und Turbo-Board-Farben zu empfehlen. Die optimale Schwarzfarbe für Naturpapiere ist ein Intensivschwarz mit starker Pigmentierung. Hier hat man die beste Möglichkeit, während des Drucks die Farbe optimal zu regulieren. Echtfarben (z.B. HKS und Pantone) gibt es leider seit ca. 12 Jahren nur noch als Fresh-Farben. Es muss also 5 % Trockenstoff zugemischt werden. Die optimale Lösung ist aber, sich von seinem Lieferanten eine schnell wegschlagende, oxydativ trocknende Sonderfarbe anmischen zu lassen. Ab ca. 15 kg geschieht dies ohne Aufpreis. Darunter muss man bis ca. 150,-€ pro Farbe zusätzlich rechnen. Werden helle Pantone-Sonderfarben, insbesondere helle Pantonefarben gedruckt, Farbwerke gründlich waschen! Bei alten Farbwerken sind in den spröden Walzen in der Regel Farbreste eingetrocknet, die selbst bei mehrfachem Reinigen nicht beseitigt werden können. Die Farbwerke verfälschen die Echtfarben erheblich. Pasten oder Spezialchemikalien helfen hier erfahrungsgemäß nicht mehr, um optimal helle Pantonetöne zu erhalten. Anpreßdruck Wenn möglich, kompressibles Gummituch mit hartem Aufzug verwenden. Bei schweren Naturpapieren (z. B. Arches Expression von Arjo Wiggins) Erhöhung des Anpreßdrucks auf ein Maximum, auch wenn das der landläufigen Meinung widerspricht. Die Bilder bekommen somit mehr Zeichnung. Den Anpreßdruck so erhöhen, dass die Typo nicht ins Schwimmen gerät. Feuchtmittelzusatz Kein Alkoholersatz oder sonstige Feuchtmittelzusätze benutzen, sondern nur Alkoholfeuchtung mit maximal 10%iger Konzentration! Der Ph-Wert sollte bei Naturpapieren mit oxitativ trocknenden Farben etwas über Normalwert liegen. Ideal ist hier ein Ph-Wert von 5, 5. Staub Schwere Naturpapiere stauben während des Druckvorgangs oftmals sehr. Um ein optimales Druckergebnis zu erreichen, müssen regelmäßig die Farbwerke geputzt werden. Dies gilt besonders bei hohen Auflagen. Trocknung Am besten keine Druckbestäubung während des Auflagendrucks verwenden! Richtig bedrucktes Naturpapier braucht länger, bis es trocken ist. Das bedruckte Papier darf nicht zu hoch gestapelt werden, da sonst Motive oder Farbflächen auf die nächste Seite ablegen.